TA: Thema Schweinefabrik bescherte den Grünen in Immenrode vollen Saal

Immenrode (Kyffhäuserkreis). Forsch schreiten die beiden grünen Damen auf Immenrodes Dorfstraße in Richtung Schweinefabrik aus. In die Mitte nahmen Anja Siegesmund, Spitzenkandidatin der Grünen für die Landtagswahl, und Babette Pfefferlein, deren Sondershäuser Direktkandidatin, den niedersächsischen Landwirtschaftsminister und Parteifreund Christian Meyer.

Der Verdauungsmarsch nach dem Bürgerforum ist vorgezogen. So lange brauchen die biologischen und vegetarischen Bratwürste noch, die der Kreisvorstand den Immenrödern spendiert. Vielleicht soll auch der Bratwurstduft den erwarteten Gestank des Schweinestalles schnell wieder überdecken. "Denn uns stinkts", hat Pfefferlein den Marsch betitelt. Darum geht es auch an diesem Dienstagabend auf dem Dorfsaal. 6000 Schweine stehen bereits in Immenrode. Ein Betreiber will auf 15.000 aufstocken. Wogegen sich die Immenröder bereits seit neun Jahren heftig wehren.

Man muss sich als Partei nur die richtigen Themen wählen, dann hat man im Wahlkampf auch volle Säle. Denn immer, wenn es um die Schweinefabrik geht, sind alle auf den Beinen. Diesmal also die Grünen, wobei es den Immenrödern eigentlich ziemlich egal sei, wer sich für ihre Forderungen einsetze, wie ein Mitglied der Bürgerinitiative raunt. Dabei ist die Botschaft der grünen Kandidaten schlicht: Wählt uns, und die Schweinefabrik kommt nicht.

Weshalb Siegesmund noch mal an die "Tiraden des Katastrophenministers Jürgen Reinholz" von der CDU erinnert, der den Immenrödern einst empfahl, doch in die Karibik auszuwandern, wenn ihnen die Nachbarschaft der Schweine nicht passen sollte. Beifall sogar von Sondershausens CDU-Bürgermeister Joachim Kreyer - für den Titel "Katastrophenminister". Denn Kreyer ist wie sein Stadtrat strikt gegen den Bau der neuen Schweinemastanlage.

Jedenfalls gehöre Reinholz abgewählt, schlussfolgert Siegesmund, diesmal ohne Beifall der politischen Gegner. "Wenn die Regierung bleibt, dann wird die Anlage gebaut." Diese Regierung fördere nur Großprojekte dieser Art, kleine Betriebe mit artgerechter Haltung hätten kaum Gelegenheit, an Fördermittel zu kommen. Die könnten nämlich den Eigenanteil gar nicht aufbringen, hat die Spitzenkandidatin bei den Bauern erfahren.

Stichwort für Christian Meyer: Der Landwirtschaftsminister hat mit den anrüchigen Vierbeinern seine Erfahrungen. "Jedes zweite deutsche Schwein ist Niedersachse", sagt er. Im Westteil des Bundeslandes herrscht die EU-weit höchste Tierdichte - mit den entsprechenden Folgen: hohe Belastung des Trinkwassers mit Nitrat; 1700 Tonnen Antibiotika gehen pro Jahr in die Ställe und über das Fleisch in den Menschen. "Dabei warnen die Ärzte zunehmend vor resistenten Keimen", so Meyer. In Krankenhäuser eingelieferte Landwirte würden sofort als Risiko-Patient eingestuft.

Seit er Minister sei, habe er das System ziemlich umgekrempelt, sagte er. Förderungen gingen nicht mehr an die Großbetriebe. Nur Erzeuger bis 1500 Schweinen könnten profitieren. Zugleich müsse man die Vorschriften verschärfen, den Standard hochhängen.

Sören Hauskeller vom Landkreis weist noch mal auf eine Lücke im Verfahren hin, die den Bau verhindern könnte. Da der Antrag erst nach Inkrafttreten des neuen Baugesetzes gestellt wurde, sei nun eine Bauleitplanung erforderlich. Bei der hätten die Bürger das letzte Wort. Rechtlich sei vieles möglich, sagt Meyer. Aber besser sei, Rückendeckung in der Landesregierung zu haben. Wenn dort Grüne sitzen. In Niedersachsen seien zwei Drittel der Wähler gegen große Ställe. Weshalb er wohl Minister sei.

Jörg Riesmeyer / 28.08.14 / TA



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